BEOWULF
Beowulf-Text mit diakritischen Zeichen mit paralleler Übersetzung von Hugo Gering, bearbeitet von Benjamin Slade
Vielen Dank an Dr. Johann Köberl für deutsche Sprachkorrekturen
last updated on 15-06-2005
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XXXIIII |
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Sé ðæs léodhryres léan gemunde |
  | Der dachte den Fall des Fürsten zu rächen |
uferan dógrum· Éadgilse wearð |
  | In geeigneter Zeit: mit Eadgils schloß er, |
féasceaftum fréond· folce gestépte |
  | Dem geächteten, Freundschaft, Ohtheres Sohne; |
ofer saé síde sunu Óhteres |
  2394 | Und sandt' übers Meer ihm Mannschaft zu, |
wigum ond waépnum· hé gewræc syððan |
  | Rosse und Waffen: die Rache gelang |
cealdum cearsiðum· cyning ealdre binéat: |
  | Auf kalter Kriegsfahrt, der König kam um. |
swá hé níða gehwane genesen hæfde |
  | So war Ecgtheows Erbe aus allen Kämpfen |
slíðra geslyhta, sunu Ecgðíowes, |
  | Glücklich gerettet, aus grimmigen Schlachten, |
ellenweorca oð ðone ánne dæg |
  2399 | Aus jeder Gefahr, bis zu jenem Tage, |
þé hé wið þám wyrme gewegan sceolde. |
  | Da der wehrhafte Held mit dem Wurme stritt. |
Gewát þá twelfa sum torne gebolgen |
  | Selbzwölft zog er aus, zornigen Mutes, |
dryhten Géata, dracan scéawian· |
  | Der König der Gauten, zum Kampf mit dem Drachen. |
hæfde þá gefrúnen hwanan sío faéhð árás |
  | Er erfuhr bereits, wie die Fehde anfing, |
bealoníð biorna: him tó bearme cwóm |
  2404 | Des Volkes Not, da der Finder ihm |
máðþumfæt maére, þurh ðæs meldan hond· |
  | Den schimmernden Kelch in den Schoß gelegt. |
sé wæs on ðám ðréate þreottéoða secg |
  | Der mußte den Degen als dreizehnter folgen, |
sé ðæs orleges ór onstealde |
  | Der alles Unheils Urheber war, |
hæft hygegiómor· sceolde héan ðonon |
  | Der elende Sklave; den Edlingen mußt' er, |
wong wísian· hé ofer willan gíong |
  2409 | Wenn auch widerwillig, die Wege zeigen. |
tó ðæs ðe hé eorðsele ánne wisse |
  | So führt' er sie denn zu der finstern Höhle, |
hlaéw under hrúsan holmwylme néh |
  | Dem gewölbten Grab an der wogenden Meerflut, |
ýðgewinne· sé wæs innan full |
  | Das im Innern barg das edle Metall, |
wraétta ond wíra· weard unhíore |
  | Die funkelnden Schätze; der furchtbare Wächter, |
gearo gúðfreca goldmáðmas héold |
  2414 | Der Kleinode Hüter, lag kampfbereit |
eald under eorðan· næs þæt ýðe céap |
  | Auf der Lauer im Fels: nicht leichten Kaufes |
tó gegangenne gumena aénigum. |
  | Vermochte den Eingang ein Mensch zu erzwingen. |
Gesæt ðá on næsse níðheard cyning· |
  | Auf dem Vorgebirg' nun ließ der Fürst sich nieder, |
þenden haélo ábéad heorðgenéatum |
  | Seinen Heilgruß bietend den Herdgenossen, |
goldwine Géata· him wæs geómor sefa |
  2419 | Des Hortes Spender. Sein Herz war bekümmert, |
waéfre ond wælfús, wyrd ungemete néah |
  | Voll düstrer Ahnung, denn dräuend stand |
sé ðone gomelan grétan sceolde, |
  | Schon Wyrd ihm zu Häupten, des würdigen Greises |
sécean sáwle hord, sundur gedaélan |
  | Leben zu enden, zu lösen die Seele |
líf wið líce· nó þon lange wæs |
  | Von des Leibes Banden - nicht lange mehr sollte |
feorh æþelinges flaésce bewunden. |
  2424 | Sie umfangen sein von des Fleisches Hülle. |
Bíowulf maþelade bearn Ecgðéowes: |
  | Also sprach Beowulf, Ecgtheows Sohn: |
'Fela ic on giogoðe gúðraésa genæs |
  | 'Ich bestand schon in jungen Jahren viele |
orleghwíla· ic þæt eall gemon· |
  | Ernste Kämpfe: an alle gedenk' ich. |
ic wæs syfanwintre þá mec sinca baldor |
  | Ich war sieben Winter, da sandte zum Vater |
fréawine folca æt mínum fæder genam· |
  2429 | Boten der Fürst, der Brecher der Ringe, |
héold mec ond hæfde Hréðel cyning· |
  | An den Hof mich zu holen; und Hredel gönnte |
geaf mé sinc ond symbel· sibbe gemunde· |
  | Mir seltene Schätze, der Sippe gedenk, |
næs ic him tó life láðra ówihte |
  | Und des Mahles Freuden; nicht minder lieb |
beorn in burgum þonne his bearna hwylc |
  | War dem Könige ich, als die eigenen Knaben, |
Herebeald ond Hæðcyn oððe Hygelác mín. |
  2434 | Herebeald, Hädcyn und *mein* Hygelac. |
Wæs þám yldestan ungedéfelice |
  | Den Ältesten streckte aus Ungeschick |
maéges daédum morþorbed strëd |
  | Ein Blutsverwandter aufs Bette des Todes, |
syððan hyne Hæðcyn of hornbogan |
  | Da Hädcyn ihn vom hörnernen Bogen, |
his fréawine fláne geswencte· |
  | Verfehlend das Ziel, mit dem Pfeile traf |
miste mercelses ond his maég ofscét |
  2439 | Und so den Freund und Gefährten erschoß, |
bróðor óðerne blódigan gáre· |
  | Den eigenen Bruder mit blutigem Eisen. |
þæt wæs feohléas gefeoht fyrenum gesyngad, |
  | Die gräßliche Schuld war durch Gold nicht sühnbar, |
hreðre hygeméðe· sceolde hwæðre swá þéah |
  | Der Herzenskummer, den Hredel erlitt, - |
æðeling unwrecen ealdres linnan. |
  | Doch ungerächt blieb des Edlings Tötung: |
Swá bið geómorlíc gomelum ceorle |
  2444 | Denn der Gram ist zu groß für den greisen Mann, |
tó gebídanne þæt his byre ríde |
  | Den Sohn zu sehen am Seile hängend, |
giong on galgan: þonne hé gyd wrece, |
  | Den Jüngling am Galgen, - jammernd erhebt er |
sárigne sang þonne his sunu hangað |
  | Den Trauersang, wenn der Tote schaukelt |
hrefne tó hróðre ond hé him helpan ne mæg |
  | Dem Raben zur Lust und Rettung nicht mehr |
eald ond infród aénige gefremman· |
  2449 | Der gebeugte Recke ihm bringen kann. |
symble bið gemyndgad morna gehwylce |
  | Erinnert wird er zu allen Stunden |
eaforan ellorsíð· óðres ne gýmeð |
  | An den Hingang des Erben, er hofft nicht mehr |
tó gebídanne burgum in innan |
  | Daß ein anderer ihm im Innern der Burg |
yrfeweardas þonne se án hafað |
  | Erwachsen werde, da widriges Schicksal |
þurh déaðes nýd daéda gefondad· |
  2454 | Dem einen eben das Ende brachte. |
gesyhð sorhcearig on his suna búre |
  | Harmvoll sieht er im Hofe des Sohnes |
wínsele wéstne windge reste |
  | Den Weinsaal verödet, vom Winde durchfegt, |
réote berofene· rídend swefað |
  | Beraubt des Daches; der Ritter schläft, |
hæleð in hoðman· nis þaér hearpan swég |
  | Der Held im Grabe; die Harfe verstummte, |
gomen in geardum swylce ðaér iú waéron. |
  2459 | Der frohe Jubel, der früher dort herrschte. |