BEOWULF
Beowulf-Text mit diakritischen Zeichen mit paralleler Übersetzung von Hugo Gering, bearbeitet von Benjamin Slade
Vielen Dank an Dr. Johann Köberl für deutsche Sprachkorrekturen
last updated on 15-06-2005
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Passagen auf Altenglisch zu hören)
II |
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Gewát ðá néosian syþðan niht becóm |
115 |
Nun macht' er sich auf in der Mitternacht, | |
héän húses· hú hit Hring-Dene |
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Die Halle der Dänen heimzusuchen, | |
æfter béorþege gebún hæfdon· |
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Wo gebettet sie nach dem Biertrunk ruhten. | |
fand þá ðaér inne æþelinga gedriht |
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Im Innern fand er der Edlinge Schar | |
swefan æfter symble· sorge ne cúðon |
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Nach dem Schmause im Schlaf; sie beschwerte kein Kummer, | |
wonsceaft wera· wiht unhaélo |
120 |
Noch drückte sie Sorge. Der verderbliche Unhold, | |
grim ond graédig gearo sóna wæs |
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Der grimme und gierige, gar nicht säumt' er, | |
réoc ond réþe ond on ræste genam |
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Der ruchlose Wütrich, er raffte vom Lager | |
þrítig þegna· þanon eft gewát |
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Der Degen dreißig: von dannen drauf zog er, | |
húðe hrémig tó hám faran |
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Der Beute stolz, seinem Baue zu | |
mid þaére wælfylle wíca néosan. |
125 |
Und schleppte den reichen Raub nach Hause. | |
Ðá wæs on úhtan mid aérdæge |
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Die Männer nun lernten in der Morgendämm'rung | |
Grendles gúðcræft gumum undyrne· |
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Grendels Kampfkraft mit Grausen kennen: | |
þá wæs æfter wiste wóp up áhafen |
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Wehruf erscholl, ein wüster Frühsang, | |
micel morgenswég. Maére þéoden |
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Ob all der Opfer. Der edle Herrscher, | |
æþeling aérgod unblíðe sæt· |
130 |
Der treffliche König saß traurig da, | |
þolode ðrýðswýð þegnsorge dréah |
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In Kummer und Harm ob der Krieger Verlust, | |
syðþan híe þæs láðan lást scéawedon, |
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Als die Spuren des Feindes erspähet waren, | |
wergan gástes· wæs þæt gewin tó strang |
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Des friedlosen Scheusals; der Schlag war zu furchtbar, | |
láð ond longsum. Næs hit lengra fyrst |
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Nicht leicht zu verwinden. Doch längre Frist | |
ac ymb áne niht eft gefremede |
135 |
Gab's nicht: denn die Nacht, die nächste schon, | |
morðbeala máre ond nó mearn fore, |
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Bracht' schlimmeren Mord, nicht scheute der Böse | |
faéhðe ond fyrene· wæs tó fæst on þám. |
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Tücke und Frevel, vertraut war ihm beides. | |
Þá wæs éaðfynde þé him elles hwaér |
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Da war unschwer zu finden, wer anderswo | |
gerúmlícor ræste sóhte |
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Und reichlich fern eine Ruhestatt suchte, | |
bed æfter búrum ðá him gebéacnod wæs |
140 |
Im Innern des Burgraums, da angesagt, | |
gesægd sóðlíce sweotolan tácne |
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Durch klare Zeichen verkündet worden | |
healðegnes hete· héold hyne syðþan |
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Des Höllensohns Haß: es hielt fortan sich | |
fyr ond fæstor sé þaém féonde ætwand. |
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Seitwärts im Sichern, wer dem Satan entrann. | |
Swá ríxode ond wið rihte wan |
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Die Oberhand blieb dem Ungerechten, | |
ána wið eallum oð þæt ídel stód |
145 |
Der als einzelner Kämpfer allen trotzte, | |
húsa sélest· wæs séo hwíl micel, |
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Und lang' stand die höchste der Hallen leer, | |
twelf wintra tíd torn geþolode |
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Zwölf volle Winter. In Zorn und Scham | |
wine Scyldenda, wéana gehwelcne |
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Trug schwere Sorge der Scyldinge Freund, | |
sídra sorga· forðám secgum wearð |
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Herben Kummer. Harmvolle Lieder | |
ylda bearnum undyrne cúð, |
150 |
Machten bekannt den Menschenkindern | |
gyddum geómore þætte Grendel wan |
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Die Gramesnachricht, daß Grendel beständig | |
hwíle wið Hróþgár· heteníðas wæg |
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Mit Haß im Herzen wider Hrodgar kämpfte, | |
fyrene ond faéhðe fela misséra, |
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Mit feindlichem Frevel schon viele Monden, | |
singále sæce· sibbe ne wolde |
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Mit ewiger Fehde. Nicht einen der Dänen | |
wið manna hwone mægenes Deniga, |
155 |
Schonte sein Grimm, und Gold ihm zu bieten | |
feorhbealo feorran, féa þingian |
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Für des Hauptes Lösung, geholfen hätt's nie. | |
né þaér naénig witena wénan þorfte |
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Noch weniger durften auf Wergeld hoffen | |
beorhtre bóte tó banan folmum |
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Des Königs Berater, auf klingende Buße | |
ac se aéglaéca éhtende wæs |
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Aus des Mörders Hand; der Molch verfolgte, | |
deorc déaþscua duguþe ond geogoþe |
160 |
Der arge Todfeind, Alter und Jugend. | |
seomade ond syrede· sinnihte héold |
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Er brütete Unheil in der ewigen Nacht, | |
mistige móras· men ne cunnon |
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Im Moor, dem nebligen; Menschen verbirgt's sich, | |
hwyder helrúnan hwyrftum scríþað. |
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Woher und wohin die Höllischen wandeln. | |
Swá fela fyrena féond mancynnes |
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So übte oft der einsame Wandrer | |
atol ángengea oft gefremede, |
165 |
Viele Frevel, der Feind der Menschen, | |
heardra hýnða· Heorot eardode |
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Harte Bedrückung; in Heort weilt' er, | |
sincfáge sel sweartum nihtum |
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Dem schimmernden Saal, in den schwarzen Nächten, | |
--nó hé þone gifstól grétan móste, |
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Der Herr zwang ihn nicht, dem glänzenden Gabenstuhle | |
máþðum for metode, né his myne wisse-- |
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Zu huldigen, und er liebte auch den Sitz nicht. | |
Þæt wæs wraéc micel wine Scyldinga, |
170 |
Das war schweres Leid für den Scyldingenfürsten, | |
módes brecða. Monig oft gesæt |
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Herzenskummer. Häufig saßen | |
ríce tó rúne· raéd eahtedon· |
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Die Mächt'gen im Rate, auf Mittel sinnend, | |
hwæt swíðferhðum sélest waére |
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Wie am wirksamsten die wackern Helden | |
wið faérgryrum tó gefremmanne· |
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Dem Wüten des Feindes wehren könnten. | |
hwílum híe gehéton æt hærgtrafum |
175 |
Oft gelobten sie Opferspenden | |
wígweorþunga· wordum baédon |
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In den Häusern der Götzen, um Hilfe flehend, | |
þæt him gástbona géoce gefremede |
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Die der Seelenmörder senden möchte | |
wið þéodþréaum· swylc wæs þéaw hyra· |
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In der großen Not. Ihr Glaube war das, | |
haéþenra hyht· helle gemundon |
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Der Heiden Hoffnung: im Herzen war | |
in módsefan· metod híe ne cúþon |
180 |
Die Hölle noch mächtig, den Herrgott aber, | |
daéda démend· ne wiston híe drihten god |
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Den Ruhmverleiher, den Richter der Taten, | |
né híe húru heofena helm herian ne cúþon |
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Kannten sie nicht, den König des Himmels | |
wuldres waldend. Wá bið þaém ðe sceal |
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Ehrte kein Lied.-- Wie elend ist der, | |
þurh slíðne níð sáwle bescúfan |
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Der verstockten Sinnes die Seele stößt | |
in fýres fæþm, frófre ne wénan, |
185 |
Ins lodernde Feuer, Erlösung nimmer | |
wihte gewendan· wél bið þaém þe mót |
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Erhoffen darf; doch Heil dem andern, | |
æfter déaðdæge drihten sécean |
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Der vom Tod erstanden den Tröster aufsucht | |
ond tó fæder fæþmum freoðo wilnian. |
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Und Frieden findet am Vaterbusen. |